
Menschenrechte sind
nicht verhandelbar
Der Klimawandel verstärkt Migrationsbewegungen weltweit, so auch an den Grenzen Europas. An der polnisch-belarussischen Grenze werden Menschen, die etwa vor Dürre, Krieg und Hungersnöten fliehen, gewaltsam zurückgedrängt. Das polnische Oberverwaltungsgericht verurteilte 2023 die Zurückweisung an der Grenze, als illegale Pushbacks. Trotz dieser Rechtswidrigkeit versuchte Polen diese Pushbacks unter dem Vorwand des Ausnahmezustandes zu legalisieren. Humanitäre Hilfe an den Grenzen werden mit Repressionen geahndet, obwohl polnische Gerichte gegen die Kriminalisierung von Aktivisten vorgehen.
Infos zum ökologischen Fußabdruck
Der ökologische Fußabdruck gibt die biologisch produktive Fläche der Erde an, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen zu ermöglichen. Um sicherzustellen, dass zukünftige Generationen noch nutzbare Ressourcen haben, müsste der ökologische Fußabdruck bei 1,63 Hektar pro Person liegen. Jedoch liegt der weltweite Durchschnitts-Fußabdruck pro Person bei 2,75 globalen Hektar. Umgerechnet bräuchten wir also 1,7 Erden, um unsere jährlichen Ressourcenbedarf zu decken.
In Zusammenarbeit mit:
Aus der Ausländerbehörde:
„Im internationalen Flüchtlingsrecht werden Klima- oder Umweltflüchtlinge, die ihre Heimat zum Beispiel wegen Naturkatastrophen verlassen müssen, nicht anerkannt. Auch bei uns nicht.“
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Mein Name ist Angieszka Kaminska. Ich arbeite seit zehn Jahren in der Ausländerbehörde in Warschau hier bei uns in Polen. Täglich höre ich Schicksale von Vertreibung und Krieg. Ich muss dann entscheiden, ob die Flüchtlinge glaubwürdig sind und Asyl nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten. Das ist manchmal wirklich hart, besonders wenn ich jemanden ablehnen muss, der dringend Hilfe braucht. Aber rechtlich habe ich da keinen Spielraum. Das ist zum Beispiel bei Klimaflüchtlingen der Fall, die zunehmend zu uns kommen. Im internationalen Flüchtlingsrecht werden Klima- oder Umweltflüchtlinge, die ihre Heimat zum Beispiel wegen Naturkatastrophen verlassen müssen, nicht anerkannt. Auch bei uns nicht.
Da ist beispielsweise Amira, eine Frau aus dem Südsudan, die letzte Woche mit ihren beiden Kindern zu mir in die Behörde kam. Sie erzählte mir von unfassbaren Regenmengen und Überschwemmungen in ihrem Heimatdorf, die alles wegspülten, was nicht festbetoniert war. Sie verlor ihr Haus mit allem Hab und Gut. Und ihre gebrechlichen Eltern schafften es nicht rechtzeitig, für sie kam jede Hilfe zu spät. Und dann wurde es richtig schlimm. Im Südsudan kam es zu einer schweren Hungersnot. Die Menschen wurden immer aggressiver und schließlich brach der Bürgerkrieg aus, in dem auch ihr Mann kämpfte. Amiras Kinder schauten mich mit großen, hungrigen Augen an, aber ich konnte nicht viel für sie tun. Ich darf niemandem den Flüchtlingsschutz oder die Asylberechtigung geben, der wegen des Klimawandels flieht. Bei innerstaatlichen bewaffneten Konflikten sieht das etwas anders aus, da gilt der subsidiäre Schutzstatus und ich konnte Amira und ihren Kindern eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre gewähren.
Polen ist zwar Teil der Europäischen Union, aber bei uns ist es besonders schwer Asyl zu beantragen. Asylanträge dürfen nur an den offiziellen Grenzübergängen gestellt werden. Überhaupt Zugang zu einem Asylverfahren zu erhalten ist fast unmöglich, weil viele der Flüchtlinge gar nicht erst registriert werden. Aktuell schickt unser Nachbarland Belarus gezielt sehr viele Flüchtlinge über die polnisch-belarussische Grenze, um politisch Druck auf die EU zu machen. Diese Menschen reisen illegal ein, weil sie nicht registriert sind, weshalb siein sogenannten „Guarded Centers für Foreigners“ inhaftiert werden. Das muss man sich mal vorstellen: Auch Jugendliche und Kinder! Es macht mir zu schaffen, dass diese gefängnisähnlichen Einrichtungen so menschenunwürdig sind: Gerade mal zwei Quadratmeter Platz pro Person, keine Privatsphäre, kaum medizinische oder psychologische Versorgung.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich arbeite gerne in der Asylbehörde, es ist ein sicherer Job. Aber wenn ich sehe, wie die Menschen unter diesen Zuständen leiden, denke ich, dass die polnische Regierung keine Menschen inhaftieren darf, die bei uns Schutz suchen. Und schon gar nicht an der Grenze auf sie schießen soll.
Entstehung der Audiobeiträge
Die Beiträge entstanden auf Grundlage unterschiedlicher methodischer Ansätze: Einige beruhen auf persönlichen Interviews mit Betroffenen, die bereit waren, ihre Perspektiven offen zu teilen und auch sichtbar in Erscheinung zu treten. Andere wurden aus verschiedenen Quellen – darunter Interviews, Videomaterial und vertiefende Recherchen – zu exemplarischen Erzählungen über klimabedingte Flucht- und Anpassungsprozesse verdichtet. Sie geben jenen eine Stimme, die aus unterschiedlichen Gründen nicht persönlich in Erscheinung treten möchten: aus Angst vor Bedrohung oder rechtlichen Konsequenzen, zum Schutz der Privatsphäre, aus emotionaler Überforderung oder aufgrund möglicher gesellschaftlicher Stigmatisierung. So werden auch die Stimmen hörbar, die sonst oft ungehört bleiben – obwohl sie viel zu erzählen haben.

Pate werden
Du möchtest dein Engagement für Klimagerechtigkeit sichtbar machen? Wir laden dich ein Pate oder Patin einer unserer 21 Ausstellungsfiguren zu werden und ihrer Geschichte eine Stimme zu geben.


