
Unser Gott muss wütend sein
Äthiopien ist immer wieder von längeren Dürreperioden betroffen. Das regelmäßig wiederkehrende Wetterphänomen El Niño verstärkt diese Dürren und der Klimawandel macht die Auswirkungen zunehmend dramatischer. 10 Millionen Äthiopier hungern. Die Hitzeextreme vernichtet die Ernten und raubt den Menschen ihre Lebensgrundlage.
Infos zum ökologischen Fußabdruck
Der ökologische Fußabdruck gibt die biologisch produktive Fläche der Erde an, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen zu ermöglichen. Um sicherzustellen, dass zukünftige Generationen noch nutzbare Ressourcen haben, müsste der ökologische Fußabdruck bei 1,63 Hektar pro Person liegen. Jedoch liegt der weltweite Durchschnitts-Fußabdruck pro Person bei 2,75 globalen Hektar. Umgerechnet bräuchten wir also 1,7 Erden, um unsere jährlichen Ressourcenbedarf zu decken.
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Ein Feldarbeiter erzählt:
„Seit 18 Monaten hat es nicht mehr geregnet. Seit 18 Monaten! Das kann sich keiner vorstellen.
Die Ältesten sagen, es ist die schwerste Dürre seit 30 Jahren.“
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„Unser Gott muss verrückt geworden sein. Er schickt keinen Regen mehr, weil die Menschen zu viel streiten. Ich bin Buruk Abebe und lebe mit meiner Familie – meiner Frau und meinem Sohn – zusammen. Bisher habe ich mit meinem Bruder auf den Feldern mitgearbeitet, um Weizen einzubringen, ihn aus den Hülsen zu schlagen und zu schälen. Im Dezember ist bei uns im Süden Äthiopiens Erntezeit. 5.000 Kilogramm Weizen ernten wir normalerweise im Jahr. Das reicht, um meine Familie zu ernähren und um für die notwendigsten Einkäufe wie Petroleum, Schulbücher und Salz zu bezahlen. Am Monatsende feiern wir normalerweise im ganzen Dorf Erntedank.
Doch heute ist alles anders. Seit 18 Monaten hat es nicht mehr geregnet. Seit 18 Monaten!
Das kann sich keiner vorstellen. Die Ältesten sagen, es ist die schwerste Dürre seit 30 Jahren. Unsere Ernten sind vernichtet. Das Wasser wird knapp. Die Viehherden verenden. Im Radio sagen sie, es sei der Klimawandel. 2019 gab es schon mal eine große Dürre. Danach folgte der Regen. Unglaublich viel Regen. Fast 200.000 Menschen haben durch die riesigen Wassermassen ihr Zuhause verloren. Unser Leben spielt sich jetzt nicht mehr auf den Feldern ab, sondern in unserer kleinen Lehmhütte. Dort säen wir die notwendigsten Pflanzen, aber es reicht kaum. 16 Quadratmeter bewohnen meine Frau, unsere zwei Kinder und ich. Es gibt nichts zu tun und nichts zu feiern. Dass wir überhaupt bleiben können, verdanken wir den internationalen Hilfsorganisationen. Das ist kein Leben!Auch der Streit nimmt zu. Missgunst und Neid, und die Konflikte um die noch verbleibenden Ressourcen verschärfen sich. In Frieden leben wir schon lange nicht mehr. Ich höre in den Nachrichten von der Hungersnot in Tigray. Das ist gar nicht so weit weg von uns. Dort eskalierte der Konflikt zwischen der Regierung und lokalen Rebellen im November 2020. Nun stehen 400.000 Menschen vor der Hungersnot, sehr viele Menschen sind bedroht. Viele müssen flüchten.
Nicht Gott ist verrückt, sondern die Menschen.“Entstehung der Audiobeiträge
Die Beiträge entstanden auf Grundlage unterschiedlicher methodischer Ansätze: Einige beruhen auf persönlichen Interviews mit Betroffenen, die bereit waren, ihre Perspektiven offen zu teilen und auch sichtbar in Erscheinung zu treten. Andere wurden aus verschiedenen Quellen – darunter Interviews, Videomaterial und vertiefende Recherchen – zu exemplarischen Erzählungen über klimabedingte Flucht- und Anpassungsprozesse verdichtet. Sie geben jenen eine Stimme, die aus unterschiedlichen Gründen nicht persönlich in Erscheinung treten möchten: aus Angst vor Bedrohung oder rechtlichen Konsequenzen, zum Schutz der Privatsphäre, aus emotionaler Überforderung oder aufgrund möglicher gesellschaftlicher Stigmatisierung. So werden auch die Stimmen hörbar, die sonst oft ungehört bleiben – obwohl sie viel zu erzählen haben.

Pate werden
Du möchtest dein Engagement für Klimagerechtigkeit sichtbar machen? Wir laden dich ein Pate oder Patin einer unserer 21 Ausstellungsfiguren zu werden und ihrer Geschichte eine Stimme zu geben.


